Unterstütze die Entwicklung deiner Partnerin oder deines Partners mit dem Michelangelo-Effekt

Wenn beide Partner ihre individuelle Entwicklung gegenseitig fördern, blüht die Beziehung auf und lässt sie wachsen. In der Psychologie nennt man das den Michelangelo-Effekt. Wie du ihn auch für deine Partnerschaft nutzen kannst, erklärt dieser Beitrag.

Unterstütze die Entwicklung deiner Partnerin oder deines Partners mit dem Michelangelo-Effekt
© felirbe, unsplash.com

"In jedem Marmorblock sehe ich eine Statue so klar, als ob sie vor mir stünde, geformt und perfekt in ihrer Haltung und Handlung." Mit diesem Satz drückte der weltberühmte italienische Maler und Bildhauer Michelangelo sein Verständnis von der Arbeit eines Künstlers aus. Es ging ihm dabei nicht so sehr um die Qualität des Materials oder die Kunstfertigkeit, mit der er Materialien bearbeitete, sondern um die Vorstellungskraft einer schönen Form. Also um das, was daraus entstehen kann. Seine Aufgabe war es, diesen Prozess zu unterstützen.

Der Michelangelo-Effekt: Unterstützt eure persönliche Entwicklung gegenseitig

In der Psychologie wurde dieser "Michelangelo-Effekt" übertragen als ein Schlüssel für eine glückliche Beziehung. Die Formel lautet: Unterstütze deine Partnerin oder deinen Partner, sich in allen Bereichen des Lebens möglichst optimal zu entfalten, zu entwickeln und die beste Version seines oder ihres selbst zu werden. So baust du eine feste Basis für eine lange und erfüllte Beziehung.

Das mag einleuchten, klingt im ersten Moment aber auch fast etwas zu einfach. Ich muss nur meine Liebste oder meinen Liebsten unterstützen, um eine glückliche Beziehung zu leben? Haben das nicht viele Generationen von Frauen getan, ohne selbst glücklich zu werden? Weiß meine Partnerin oder mein Partner überhaupt, was sie oder er will und wobei sie oder er unterstützt werden will?

Um diese Fragen zu beantworten, lohnt es sich, zunächst einen Blick auf den zwischenmenschlichen Prozess in einer Paarbeziehung zu werfen. Der lässt sich nämlich in einem Satz beschreiben: Paare beeinflussen sich gegenseitig. Egal, was sie sich geben oder antun, ja selbst, wenn eine oder einer von beiden sich innerlich aus der Beziehung verabschiedet, es hat Auswirkungen auf die andere Person und hinterlässt in ihr Spuren. Mit anderen Worten hängt die Beziehungs-Gestalt und die individuelle Persönlichkeit beider ganz wesentlich davon ab, wie sie von ihrem Gegenüber geformt wurden.

Sich gegenseitig und gemeinsam zu entwicklen macht zufrieden

Wenn dieses Formen die positiven Eigenschaften der anderen Person zum Vorschein kommen zu lässt und dafür sorgt, dass sie ihren persönlichen Zielen näherkommt, dann macht das auch die formende Partnerin bzw. den formenden Partner glücklich. Das ist der Michaelangelo-Effekt oder auch das Michelangelo-Phänomen, das in den 1990er von verschiedenen US-amerikanischen Psychologen und sozialpsychologischen Forschergruppen formuliert wurde. Es macht sich die Erkenntnis zunutze, dass die Leistungen eines Menschen durch positive Erwartungen und Unterstützung anderer beeinflusst werden können. In einer Partnerschaft kann das dazu führen, dass Menschen ihr Potenzial deshalb erkennen und ausschöpfen, weil die bzw. der engste Vertraute es ihnen spiegelt und sie dabei immer wieder fördert. In den letzten Jahren hält der Michelangelo-Effekt auch immer mehr Einzug in die Paartherapie, vor allem, wenn es darum geht, Paaren einen praktikablen Weg zu mehr und längerer Zufriedenheit zu weisen. Wenn es ihnen gelingt, sich gegenseitig und gemeinsam zu entwickeln, sind oft in hohem Maße zufrieden mit sich und ihrer Beziehung – weil sie sich dann beide im Innersten gesehen fühlen.

Aber natürlich liegen darin auch Gefahren für beide in der Beziehung. Zum einen, dass die geformte, also unterstützte Person, sich gezwungen fühlt, dem zu entsprechen, was die oder der andere für sie vorgesehen hat. Und zum anderen, dass die formende, also unterstützende Person an ihrer Aufgabe ausbrennt, weil sie sich selbst darüber vergisst. Es gilt also auch hier, wie in vielen Lebensbereichen, die Balance zu halten zwischen Hilfsbereitschaft und Selbstfürsorge, zwischen Geben und Nehmen. Das bedeutet immer auch eine offene und wertschätzende Auseinandersetzung über die Rollenbilder und Aufgaben von Mann und Frau. 

Der entscheidende Faktor jedoch für den Michelangelo-Effekt ist, in der bzw. in dem Anderen etwas zu sehen, was die Unterstützung lohnt, ja belohnt. Denn das kann ein positiver Antrieb sein, deine Beziehung weiterzuführen und den Menschen an deiner Seite zu begleiten – sprichwörtlich in guten wie in schlechten Zeiten. Wenn es dir gelingt, ihre oder seine Entwicklung mitzugestalten, dann kann das euch beide über eine lange Zeit zufrieden machen.

5 Tipps, wie der Michelangelo-Effekt in deine Beziehung Einzug halten kann

Tipp 1: Sprecht miteinander

Kommunikation ist die Basis für eine tragfähige Beziehung, besonders, wenn du deiner Partnerin oder deinem Partner dabei helfen möchtest, sich zu entwickeln und ihre oder seine Ziele zu erreichen. Denn auch in einer Beziehung leben beide Menschen weiter in ihrer eigenen Lebenswirklichkeit, die immer wieder aufs Neue miteinander abgeglichen werden will. Wir erleben tagtäglich Dinge, die wir für uns interpretieren und aus denen wir uns eine Meinung bilden, treffen Entscheidungen aus unterschiedlichen, oft spontanen emotionalen Beweggründen, handeln nach Glaubenssätzen. Wenn du dich darüber mit deinem Gegenüber austauschst, bekommst du ein Gespür für das, was in ihm steckt und es bewegt.

Tipp 2: Nimm die Bedürfnisse deiner Partnerin oder deines Partners wahr und ernst und gleiche sie mit deinen ab

Um sich gegenseitig optimal unterstützen zu können, ist es wichtig herauszufinden, was die oder der andere braucht. Hier hilft dein Blick von außen. Oftmals erkennen wir selbst in einer Situation nicht, was uns fehlt oder was wir brauchen. Eine Rückmeldung von außen tut gut. Aber Vorsicht: Dabei geht es nicht darum, die oder den anderen von etwas Besserem zu überzeugen, sondern darum einen Vorschlag aus einer anderen Perspektive zu machen, ohne darauf zu bestehen, dass er angenommen wird. Und du solltest darauf achten, dass der Vorschlag auch deinen Bedürfnissen entspricht oder du damit klarkommst, für den Moment zurückzutreten.

Tipp 3: Lerne deine Partnerin oder deinen Partner immer wieder neu kennen

Erinnere dich daran, wie es war, als ihr euch zum ersten Mal begegnet seid. Damals hattest du viele Wahrnehmungskanäle offen und warst aufnahmebereit, dir von den Talenten und Fähigkeiten erzählen zu lassen. Bewahre dir diese Empathie. So kannst du auch nach Jahren noch erkennen, welche Potenziale und Qualitäten in der oder im anderen vorhanden sind.

Tipp 4: Erkenne den Lernprozess deiner Partnerin oder deines Partners an

Versuche, deiner Partnerin oder deinem Partner dabei immer beides zu geben: positive Rückmeldungen und konstruktive Kritik. In Verbindung bilden sie die beste Bestätigung für die oder den anderen, um sich selbst zu entwickeln. Selbst, wenn etwas schief gelaufen ist oder du dich mit etwas unwohl fühlst. Suche, bevor du dich bei deinem Gegenüber beschwerst oder beklagst, einen positiven Aspekt an seinem Verhalten oder Handeln und formuliere dann einen Vorschlag, der euch beide in einer veränderten Situation stärkt. 

Tipp 5: Sei offen für Veränderungen und freue dich auch über kleine Erfolge

Wer in einem Entwicklungsprozess steckt, der sieht oft die kleinen Veränderungen nicht. Dir als Gegenüber werden sie deutlicher erscheinen, denn auch für dich ändert sich dadurch etwas. Mit einer positiven Haltung wirst du sie eher tragen können und auch die Erfolge feiern können. Damit machst du deiner Partnerin oder deinem Partner ein Geschenk.

Eine Partnerschaft leben und lieben nach dem Michelangelo-Effekt ist im Optimalfall eine wechselseitige Unterstützung – je nach Lebensphase. Gelingt es, könnt ihr beide an- und miteinander wachsen.

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